Tuesday, October 26, 2010

29. April 2010

Menschen können viel von Bonobos lernen, meinen Wissenschaftler

Was können wir von Bonobos lernen? Brian sprudelt über für Live Science.


Der Primatologe Brian Hare wünschte, noch mehr Menschen könnten entdecken, was die Bonobos uns über die menschliche Natur lehren können. „Ich denke wirklich, sie sind die klügsten Menschenaffen der Welt“, sagte er. „Wir haben viel von ihnen zu lernen.“

Bonobos sind genetisch eng verwandt mit Menschen, doch wissen die meisten Leute ziemlich wenig über sie. Mit seiner laufenden Forschung hofft Hare dies zu ändern.

„Bonobos sind wirklich unser unbekannter Cousin, den wir auf Armeslänge entfernt halten“, sagte Hare. „Die Öffentlichkeit ist mit ihnen so wenig vertraut, dass sogar viele Reporter, die mich interviewt haben, in ihren Berichten Bonobos als Äffchen bezeichnen, nicht als Primaten, wie wir. Darum ist es phantastisch, wenn Bonobos etwas Aufmerksamkeit bekommen.“

Bonobos werden oft mit Schimpansen verwechselt, aber tatsächlich sind sie ziemlich verschieden. Äußerlich sind sie schmaler, mit schwarzen Gesichtern, rosa Lippen und langem schwarzem Haar mit einem aparten Mittelscheitel. Schimpansen haben tiefe, laute Stimmen, während die Stimmen von Bonobos eher hoch sind.

Viel bedeutsamer ist, dass Schimpansen kriegerisch sind, dass bei ihnen die Männchen dominieren und Schimpansen ziemlich gewalttätig werden können, sogar bis hin zur gegenseitigen Tötung. Bonobos dagegen werden von Weibchen dominiert, sie töten einander nie und benutzen sexuelle Aktivitäten, um eine ausgeglichene Stimmung in der Gruppe zu erhalten.

Hare, Assistenzprofessor für Evolutionäre Anthropologie der Duke University in North Carolina/USA, verbringt jedes Jahr etliche Monate in der Demokratischen Republik Kongo, wo er über Bonobos forscht. Er konzentriert sich auf ihr Verhalten, besonders auf Strategien zur Konfliktlösung und zur Interaktion mit anderen Bonobos.

Kürzlich fanden er und seine Kollegen heraus, dass Bonobos von Natur aus teilen. Ihre Studie, kürzlich erschienen in ‚Current Biology‘ und finanziert von der National Science Foundation und dem European Research Council, beschreibt, wie Bonobos ihre Nahrung mit anderen Bonobos freudig teilen und diese Bereitschaft im Lauf ihres Lebens auch beibehalten – anders als Schimpansen, die mit dem Erwachsenwerden immer selbstbezogener werden.

In einem Experiment durften die Tiere im Gehege einen Berg von Nahrungsmitteln entweder für sich selbst behalten oder aber eine Tür öffnen, die einem anderen Bonobo den Zutritt erlaubte, um mit ihnen gemeinsam zu essen. Die Bonobos öffneten die Tür jedes einzelne Mal.

„Was wir sahen, ist, dass die Bonobos freiwillig ihren Nachbarn die Tür öffneten, um die Nahrung mit ihnen zu teilen“, berichtete Hare.

Eine andere Gruppe von Experimenten, diesmal im Tchimpounga Reservat im Kongo, verglich Schimpansen mit Bonobos. Junge Schimpansen ähnelten in ihrer Bereitschaft, Nahrung zu teilen, jungen Bonobos, doch die Forscher entdeckten, dass diese Bereitschaft mit steigendem Alter der Schimpansen abnahm. Bonobos hingegen teilen weiterhin mit anderen, wie sie es als Heranwachsenden getan haben, auch wenn sie längst ausgewachsen sind, sagten sie.

„Es scheint, als ob einige dieser Verhaltensunterschiede tatsächlich auf Entwicklungsunterschiede zurückgehen“, meint Victoria Wobber, eine graduierte Studentin, die mit Hare zusammenarbeitet. „Die Evolution hat auf die Entwicklung ihrer Wahrnehmung eingewirkt.“

Hare und sein Mentor, Richard Wrangham von Harvard, glauben, dass Bonobos sich so verhalten, weil sie sich immer einer mit Nahrungsmitteln überreich ausgestatteten Umgebung erfreut haben. Sie leben normalerweise südlich des Kongoflusses, wo es viel Nahrung gibt und darum keinen Wettbewerb mit Gorillas – wie bei Schimpansen – oder Nahrungskonkurrenten der eigenen Art.

Doch die Bonobos haben menschliche Feinde, vor allem Jäger, die in den verbotenen internationalen Handel mit Bushmeat verwickelt sind. Tierschützer versuchen Bonobos zu retten, die durch diesen Handel zu Waisen geworden sind, schaffen eine Zuflucht für sie im Reservat, wo sie ihr Leben lang geschützt sind.

„Unglücklicherweise sind Bonobos gegen die Kugeln der Wilderer nicht immun, sondern fallen ihnen oft zum Opfer“, bedauerte Hare. „Ihr Fleisch wird auf den Märkten der großen Städte im Kongo verkauft, und die Babies, die den Tod ihrer Mütter überlebt haben, verkaufen die Bushmeathändler als Haustiere. Hier im Kongo ist es verboten, Bonobos zu kaufen oder zu verkaufen; wenn darum ein Tier auf dem Markt oder im Besitz eines Schmugglers entdeckt wird, wird es beschlagnahmt.“

Diese Tiere finden ein neues Zuhause im Reservat Lola ya Bonobo, in Petites Chutes de la Lukaya, direkt vor den Toren der Hauptstadt Kinshasa. ‚Lola ya Bonobo‘ heißt auf Lingala, der wichtigsten Sprache in Kinshasa, ‚Paradies der Bonobos‘.

Lola ya Bonobo sorgt für über 60 verwaiste Bonobos. Die Einrichtung wird von einer Gruppe von erfahrenen Tierschützern geführt. Sie alle „haben unglaubliche Erfolge darin erzielt, die kleinen Bonobobabies zu rehabilitieren, damit sie sich rasch von dem Trauma ihrer Gefangennahme erholen und ein normales und glückliches Leben mit ihren Artgenossen im Reservat führen können“, sagte Hare, und fügte hinzu: „Sie haben dort einen riesigen, mehr als 30 ha großen Wald, in dem sie jeden Tag spielen“.

Viele dieser geretteten Bonobos dienten Hare als Studienobjekt. Im Reservat experimentieren Hare und seine Mitarbeiter mit den Bonobos und beobachten ihr Verhalten. „Im Grunde denken wir uns einfach lustige Spiele aus, die die Bonobos spielen und sich damit vergnügen können, wobei wir gleichzeitig beobachten können, wie sie Probleme lösen“, sagte er. „Die gerade in ‚Current Biology‘ veröffentliche Studie ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie wichtig Experimente sind, um die Psyche von Tieren zu verstehen.“

Nach diesen Spielen „lassen wir die Bonobos wieder in ihre riesigen Freigehege, wo sie mit allen anderen Bonobos in dem kleinen Urwald spielen können, in dem sie sich tagsüber aufhalten“, fügte Hare hinzu. „In der Regel halten sie sich etwa eine Stunde im Raum auf, bekommen ein Menge leckerer Sachen, und gehen dann wieder nach draußen.“

In Atlanta geboren und aufgewachsen, hat sich der 34jährige Hare schon immer für Tiere und Biologie interessiert, so dass eine Laufbahn als Verhaltensforscher sich quasi von selbst ergab. An der Emory University arbeitete er unter anderem mit Schimpansen.

„Jedenfalls wollte ich schon immer Bonobos untersuchen und mit Schimpansen vergleichen“, erzählte er. „Meine Doktorarbeit schrieb ich in Harvard bei Richard Wrangham, der mich ermutigt hat, in Afrika im Reservat zu arbeiten, wie Lola ya Bonobo. Das ist phantastisch, weil so unsere Forschungsgelder Organisationen zu Gute kommen, die sich dem Tier- und Artenschutz in den Ländern widmen, in denen der natürliche Lebensraum der Menschenaffen liegt.

Hares Ehefrau Vanessa Woods ist wissenschaftliche Assistentin in Biologischer Anthropologie und Anantomie an der Duke University. Sie hat ein Buch über Bonobos, den Kongo und ihre Studien geschrieben, das unter dem Titel ‚Bonobo Handshake‘ im Juni erscheinen wird. „Das könnte sehr interessant für Menschen sein, die mehr über Bonobos erfahren wollen“, meinte Hare. „Sie beschreibt darin unsere Studien sehr detailliert – manches vielleicht sogar zu detailliert – ein vielversprechender Ort, um komische Geschichten zu finden.“

Lola ya Bonobo, so Hare, ist die größte Einrichtung mit in Gefangenschaft lebenden Bonobos, die die Forschung unterstützt, und den Forschern erlaubt, „vielfältige Vergleiche zwischen Schimpansen und Bonobos anzustellen, die ansonsten unmöglich wären“.

Hare ist besonders erfreut darüber, dass eine seiner Forscherkolleginnen, Suzy Kwetuenda, die in Lola ya Bonobo arbeitet, als erste kongolesische Studentin überhaupt das Verhalten der Bonobos untersucht.

„Ich hoffe, sie wird die erste von vielen StudentInnen sein, die das Verhalten und die Psyche der Bonobos erforscht“, fügte Hare hinzu, „und so wird es jedem kongolesischen Bürger ein Anliegen sein, das Überleben der Bonobos zu sichern, der einzig und allein in ihrem Land zu Hause ist“.

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