Wednesday, November 3, 2010

27. Mai 2010

Warum Bonobos die Welt retten werden

Wenn ich heute aufwache, könnte es sein, dass jemand versucht mich umzubringen. Ich lebe zehn Minuten von einer kleinen Stadt namens Durham in North Carolina entfernt, wo der letzten Statistik zufolge 22 Menschen getötet, 76 Frauen vergewaltigt und 682 Fälle von schwerer Körperverletzung notiert wurden.

Wenn ein Schimpanse morgens aufwacht, hat er vermutlich denselben Gedanken. Für einen männlichen Schimpansen ist es wahrscheinlicher, von einem anderen Schimpansen getötet zu werden, als irgend eine andere Todesart. Ein weiblicher Schimpanse muss damit rechnen, von jedem heranwachsenden Schimpansenmännchen geschlagen zu werden, das einen höheren Rang erreichen will.

Oft fragen mich Leute, warum nur Menschen so intelligent sind, oder was anderen Primatenf fehlt, das uns so einzigartig macht.

Ich sage Ihnen: Ich würde wirklich alles, was ich besitze - mein Auto, mein Laptop, die Möglichkeit zum Mond zu fliegen – dafür eintauschen, als Bonobo zu erwachen. Niemand hat je einen Bonobo einen anderen Bonobo töten sehen. Es gibt kaum Gewalt gegen Weibchen. Die Babies erwartet eine idyllische Kindheit, in der sie nichts tun als an ihren Müttern zu kleben und alles zu bekommen, was sie möchten. Es gibt jede massenhaft Essen. Und jede Menge Sex.

Bislang hat nach unseren Untersuchungen zufolge 75% der Menschen keine Vorstellung davon, was ein Bonobo ist.

Das liegt zwar nicht an uns. Schon vor 13 Jahren veröffentlichte Frans de Waal ‚Bonobo: Der vergessene Menschenaffe‘, und seitdem gab es kein einziges nichtwissenschaftliches Buch über Bonobos – bis ich ‚Bonobo Handshake‘ schrieb, das heute erscheint.

Im Vergleich dazu gab es im gleichen Zeitraum mehr als 380 Bücher über Eisbären, 240 Bücher über Schimpansen und 380 Bücher über Moskitos.

Zum Teil liegt das daran, dass Bonobos so selten sind. Nur noch etwa 10.000 von ihnen leben in Freiheit. Und sie leben nur in einem einzigen Land, der Demokratischen Republik Kongo, die gerade den mörderischsten Krieg seit dem 2. Weltkrieg durchgemacht hat.

Doch auch Politiker, Wissenschaftler und die Medien tun so, als ob sie nichts über Bonobos wüssten. Wie kommt das?

Bonobos haben gleichgeschlechtlichen Sex. Für Bonobos ist Sex eine Methode Spannungen abzubauen. Und es ist schlichtweg unmöglich, in Dokumentationen vor Anhängern fundamentaler Glaubensrichtungen oder Rechtspopulisten, die gleichgeschlechtlichen Sex für widernatürlich halten, von zwei Bonoboweibchen zu berichten, die ihre Genitalien aneinander reiben und sich dabei zum Orgasmus bringen.

Bonobos gelten als nicht jugendfrei, auch wenn Kinder schon im Vorabendprogramm durchaus sehen können, wie Menschen aufgeschlitzt, in die Luft gejagt oder erschossen werden.

Auch Wissenschaftler, sogar solche, die ich mag und bewundere, sprechen gerne nur von ‚unserem nächsten Verwandten, dem Schimpansen‘. Nie wird erwähnt, dass wir ZWEI gleich nahe lebende Verwandte haben, den Schimpansen und den Bonobo.

Wenn Wissenschaftler doch über sie sprechen, dann neutralisieren sie sie fast immer. Bonoboforscher sind verärgert von dem schlechten Ruf der Bonobos als sexsüchtigen Primaten und nivellieren gewöhnlich die Unterschiede zwischen Bonobos und Schimpansen.

Sogar bei Verhaltensstudien werden, trotz Kanzi, selten Bonobos getestet, denn ‚das haben wir schon bei Schimpansen erforscht, warum sollen wir es bei Bonobos wiederholen?‘

Bei Politikern hatten Bonobos natürlich nie eine Chance. Die Existenz eines Primaten anzuerkennen, der 98,7% unserer DNA mit uns teilt (was eine gemeinsam Abstammung bei der Evolution nahelegte), gleichgeschlechtlichen Sex hat und bei dem Weibchen dominieren, kommt ja gar nicht erst in Frage.

Im Microsoft-Wordschatz kommt die Vokabel ‚Bonobo‘ erst gar nicht vor.

So blieben Bonobos der peinliche Verwandte, den man im Schrank versteckt.

Ein Lemurenforscher sagte mir einmal, „Na und? Sifakas kennt auch niemand“ (tanzende Lemuren, auch wenn sie durch den Film ‚Madagaskar‘ jetzt bekannter geworden sind), „warum sollte es mit Bonobos anders sein?“

Weil Bonobos den Schlüssel zu einer Welt ohne Krieg haben. Ihre Physiologie, Biochemie und ihre Psyche sind dazu angetan, Gewalt zu vermeiden. Dass Sex dabei ihre Methode ist, Spannungen abzubauen, ist unwichtig. Wir müssen möglichst viel über sie erfahren und unsere dicken fetten Gehirne dazu benutzen, unsere Methoden herauszufinden, damit wir in Frieden miteinander leben können.

Seit dem 2. Weltkrieg gab es nur 26 Tage ohne Krieg. Derzeit gibt es auf der Welt sieben Konflikte, durch die jedes Jahr mehr als 1000 Menschen getötet werden. Allein im Kongo sterben jeden Tag 1500 Menschen. Obwohl uns bewusst ist, dass wir kooperieren müssen (in manchen Fällen machen wir das hervorragend – außer bei der Gesundheitsreform), kommen uns unsere Gefühle in die Quere.

Wir müssen einen Weg finden, um mehr wie Bonobos zu sein. Sie teilen 98,7% unserer DANN. Was in den übrigen 1,3% macht sie zu dem, was sie sind? Und wenn wir in der Lage sind, den Hummelflug als Vorbild zu nutzen, um Hubschrauber fliegen zu lassen, und Katzenaugen, um Reflektoren zum Leuchten zu bringen, warum können wir nicht Bonobos als Vorbild nehmen, um Frieden auf der Erde zu schaffen?

2010 wird das Jahr der Bonobos. Mit meinem Buch, das nun erscheint, mit Sara Gruens, dem ersten Roman über Bonobos, und der bevorstehenden Entzifferung des Bonobo-Genoms, werden Bonobos bald in der ersten Reihe des öffentlichen Bewusstseins stehen.

Dranbleiben, um zu erfahren, wie Bonobos die Welt umkrempeln werden!

Mein neues Buch ‚Bonobo Handshake‘ ist erschienen, zu haben bei Amazon oder auf meiner Website www.bonobohandshake.com.

No comments:

Post a Comment